Die Comtesse erwachte heute wieder bei strahlendem Sonnenschein, welcher das Zeltinnere mit einer gefühlten Temperatur von 50 Grad bedachte. Bei einem Blick auf die Uhrzeit entfuhr ihr ein spontanes: „Ach du Scheiße. Das darf doch nicht wahr sein.“. Denn es war gerade 8.50 Uhr. Weiterschlafen war trotzdem leider keine Option. Die einzig denkbare Alternative bestand in einer reichlichen Portion kaltem Wasser, das wir in unsere verschlafenen Gesichter ergossen und der üblichen Morgenwäsche.
Derart erfrischt sprühten wir nur so vor Tatendrang und beschlossen, den “SB-Supermarkt” zur Beschaffung frischer Zutaten für ein opulentes Frühstück heimzusuchen. 8,50 EUR bezahlten wir für vier Brötchen, eine Packung Käse, zwei gekochte Eier und zwei Eiskaffee. Durchaus halbwegs im Rahmen, wie wir fanden. Zurück am Zelt blieb genug Zeit das Frühstück zu genießen.
Der erste Besuch des Festivalgeländes stand heute kurz vor 12:00 Uhr an. Wir wollten uns CELLAR DARLING auf der SB-Stage ansehen. Warum? Nun, die Band gründete sich erst im Juni letzten Jahres und besteht vornehmlich aus ehemaligen Mitgliedern von ELUVEITIE. Mutmaßlich nach Unstimmigkeiten hinter den Kulissen verließen seinerzeit Anna Murphy (Gesang, Drehorgel), Merlin Sutter (Schlagzeug) und Ivo Henzi (Gitarre & Bass) die Death-/Folk-Rocker. Nach einer ersten, durch die Band selbst veröffentlichten Single namens “Challenge” im Oktober 2016 erschien im Juni 2016 ihr durchaus vielbeachtetes Debüt “This Is The Sound”.
“Wo Alternative Rock auf starke Folkeinflüsse und verträumte Legenden stieß, war schnell die New Wave Of Folk Rock geboren.” beschreibt die Band (bzw. das Label) die Musik von CELLAR DARLING recht hochtönend. Wir lauschten also andächtig dem, was Anna & Friends uns vorzutragen hatten. Und tatsächlich: So ganz von der Hand zu weisen ist das “New Wave” nicht. Die Schweizer haben unserer Meinung nach wirklich ihre recht eigenständige Interpretation von Folk Rock gefunden. Mal melancholisch/verträumt, dann mit satterem Groove, fast immer sehr melodisch. Allerdings geht die Musik für uns schon fast ein wenig zu sehr ins poppige. Diese Gedanken machte sich das Publikum vor der Bühne nicht. Die feierten einfach den Auftritt von CELAR DARLING ordentlich ab – recht so!
Auf den nächsten Programmpunkt unserer Liste waren wir wahnsinnig gespannt. INFECTED RAIN sind in unseren Gefilden eher wenig bekannt – wir jedenfalls mussten die Suchmaschine unseres Vertrauens über die Band befragen. Einige Videos später stand dann aber fest: DAS wird ein Pflichttermin auf dem Summer Breeze!
Als die Moldawier um 15:15 Uhr die kleine Camel-Stage enterten, schauten einige der etwas abseits Stehenden mit einem anerkennenden Nicken auf die Bühne. Das lag natürlich an Elena Cataraga, der äußerst ansehnlichen Frontfrau der Band. Noch bevor allerdings irgendwer auf die Idee kommen konnte die quirlige Dame mit schmachtvollen Blicken verträumt anzustarren, haut uns Selbige schon ein Brett namens “Fool The Gravity” um die Ohren.
Ganz schnell wird klar, dass es bei INFECTED RAIN nicht (nur) um die optischen Reize des Tattoo-Models geht. Die sind natürlich vorhanden – absolut unglaublich ist aber ihre Stimmgewalt. Im gerade mal halbstündigen Set der Moldawier bekommen wir von ihr sämtliche Stimmlagen und Gesangstechniken vorgeführt, die es im Metal so gibt. Egal ob singen, shouten oder auch tiefe Grunts – die Frau kann alles und das sogar live richtig gut. Auch ihre Bandkollegen verstehen ihr Handwerk vortrefflich und hatten sichtlich Spaß bei ihrem ersten Auftritt auf dem Summer-fucking-Breeze.
Die 30 Minuten vergingen wie im Fluge und wir können auf alle Fälle eins sagen: Mit INFECTED RAIN hat die Metallhölle eine wahre Konkurrenz für Alyssa White-Gluz (Arch Enemy) ausgespuckt. Es ist erbaulich zu sehen, das es neben all den trällernden Heidelärchen mittlerweile auch Frauen gibt, die richtig fetten Metal-Gesang zu bieten haben. Beim nächsten Besuch der Moldawier auf dem Summer Breeze wird diese Band sicher nicht mehr auf der Camel-Stage spielen. Wetten?
Direkt im Anschluss konnten wir dem recht amüsanten Auftritt von DOUBLE CRUSH SYNDROME (16.30 – 17 Uhr) beiwohnen. Die Mühlheimer haben sich mit Leib und Seele dem Rock verschrieben. Mit einer nahezu kindlichen Freude genossen sie ihren Auftritt, dem Andy Brings (u.a. 1991-94 bei Sodom an der Klampfe) schon 20 Jahre entgegenfieberte. Mit gespielter Eigenliebe („Ja. Jetzt lacht ihr noch. In 20 Minuten sind wir die besten Freunde.“) und seiner publikumsnahen Performance schaffte er es die Neugierigen zu halten und so in seine Party einzubinden, dass wahrscheinlich tatsächlich einige ein Freundschaftsgefühl entwickelten. Das „tuffige“ Verhalten entlockte uns und und dem Publikum so manchen Schmunzler. Es wurden Herzchen in die Luft gezeichnet, Brustwarzen lasziv gerieben und von Liebe gesprochen. Wir denken aber es besteht echtes Interesse. Warum sonst sollte Andy nach “Die For Rock ‚N‘ Roll” ein Handy-Video drehen, um uns seiner Familie vorzustellen?
Nach dieser kurzweiligen Show schauten wir immer wieder besorgt gen Himmel. Dieser wurde langsam dunkler, wir hatten schon in der Wettervorhersage gesehen das es ein Gewitter mit Starkregen geben sollte. Bereits vor dem Gang zum Festivalgelände hatten wir einige Sachen im Auto verstaut und den Pavillon zu Teilen abgebaut. Auch die Infotafeln auf dem Festivalgelände kündigten eine “Amtliche Vorwarnung vor Unwetter” an. Wir suchten erst mal sicherheitshalber unser Zelt auf.
Eigentlich kam uns dieser Umstand recht gelegen, hatten wir doch noch etwas Schlaf nach zu holen. Als wir ankamen erschien plötzlich wieder alles recht friedlich und das Unwetter zog an uns vorüber. Doch schon kurze Zeit später verdunkelte sich der Himmel erneut und es begann zu regnen. Wir verschwanden in unsere Schlafsäcke und vernahmen nebenbei das doch ordentlich Wasser herunterprasselte. Der Wind nahm auch etwas zu denn die Wände wackelten nicht wenig.
Die Stimme aus dem Lautsprecher der SB-Stage ließ uns nach kurzem Dösen doch schlagartig wieder munter werden. Von einer vorläufigen Unterbrechung war die Rede. Sturmwarnung! Wir verließen das Zelt und verbarrikadierten uns im Auto. Zum Glück wurde das Programm schon nach 15 Minuten wieder aufgenommen denn es blieb bei eher mäßigem Wind und Regen. Durch die ungünstige Wetterlage verpassten wir leider ELUVEITIE und NOTHGARD. Unser weiteres Programm konnten wir danach aber ohne Ausfälle fortsetzten.
Was jetzt nicht so verwunderlich war, schließlich sollten wir auch heute wieder äußerst nachtaktiv sein. So ging es erst gegen 23:00 Uhr wieder Richtung T-Stage. Dort wollten wir dem Auftritt von EISREGEN beiwohnen. Die Thüringer Kapelle mochten wir musikalisch vor allem in ihren Anfangstagen. Wir waren jünger und Eisregen noch “richtig krasse Musik“, die wir vorher so noch nicht gehört hatten. Also, zumindest nicht auf deutsch. Über die Jahre verlor sich allerdings das Interesse an dieser Band zusehens. Die ewig selben, ach so extremen Texte nutzten sich schnell ab und auch musikalisch hatten EISREGEN bei Zeiten wenig innovatives zu bieten. Trotzdem wollten wir der Band live gern wiedermal eine Chance geben.
Erste Auffälligkeit war das Banner an der Bühne, welches noch vom 2015er Output “Marschmusik” stammte. Das konnte Sänger Blutkehle noch ganz gewitzt mit “Das neue Album erschien zu früh.” kommentieren. Das entlockte der Meute vor der Bühne doch einen kleinen Lacher. Apropos: Man kann keinesfalls sagen, dass die Band keine Fangemeinde hat. Da war schon noch gut was los vor der T-Stage. Genug gejubelt, mitgegröhlt und Haare geschüttelt wurde ebenso. Wir allerdings werden mit EISREGEN nicht mehr warm. Eddi fragte sich nach “Scharlachrotes Kleid” sogar, warum damals auf Disko der Metal-hörende Freundeskreis beim Refrain des Klassikers die Gothics mit wildem Gemosche von der Tanzfläche gefegt hatte. Irgendwie klingt der Song heute eigenartig lahm.
Nach einer kurzen Pause lockten uns BELPHEGOR zu einer “Special-Ritual-Show” wieder vor die T-Stage. Schön hergerichtet hatten sie die Bühne auf jeden Fall schon mal. Umgedrehte Kreuze dominierten neben einigen obskuren Gerippen (und natürlich der unheiligen Brut um Sänger und Gitarrist Helmuth selbst) die Szenerie. Viel Nebel und ein energiegeladenes Set ließen die Stunde Spielzeit schnell vergehen.
Nach diesem ungestümen Erlebnis konnte es nicht schaden, ein wenig herunterzukommen. Dieses Vorhaben wollten wir ab 2:00 Uhr mit WALDGEFLÜSTER auf der Camel-Stage realisieren. Als wir kurz vor Ende des Auftritts von BELPHEGOR da ankamen, war der Platz vor der Bühne ziemlich leer. Wir schoben das auf die fortgeschrittene Stunde und erwarteten den Auftritt der Österreicher.
Die starteten wenig später mit “Weltenwanderer” ihr 30-minütiges Folk-Black-Metal Set. Offensichtlich fand der Song auch bei den von der T-Stage kommenden Belphegor-Fans Anklang und das Infield vor der Camel-Stage füllte sich zusehens. So bekam WALDGEFLÜSTER doch noch die Aufmerksamkeit, die die Band eindeutig verdient hat. Auch wenn sie der Kürze der Zeit neben bereits genanntem Song nur noch zwei weitere Stücke zum Besten geben konnten, haben sie sicherlich Eindruck hinterlassen.
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